Mexico City
Todo tiene un final, solo la salchicha tiene dos.
(deutsches Sprichwort, nun auch beliebt in Lateinamerika)
Ich machte aus meinem Anfang ein zweites Ende, ließ Kolumbien, Panama und Costa Rica an meinem Flieger vorbeiziehen (sehr poetisch) und flog noch weiter in den Norden, nach Mexico City.
Ich hatte diesen Stopp nicht geplant, aber da die Flüge von Quito aus so unglaublich teuer waren, kam es für mich günstiger, erst nach CDMX zu fliegen und von dort aus ein paar Tage später nach München. Um ehrlich zu sein, hab ich mir das schon ein bisschen schön gerechnet, weil ich vor Ort natürlich noch mehr Geld ausgegeben habe, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis hat definitiv gewonnen ;)
In Mexiko hatte ich das Glück, dass ein alter Freund von mir, Alejandro, gerade zufällig seine Familie in der Stadt besuchte und mir in den paar Tagen, an denen ich dort war, seine Heimat zeigen konnte.
Ich hatte ehrlich gesagt ein eher negatives Bild von Mexiko Stadt gehabt: ich stellte es mir furchtbar laut, dreckig, versmogt und gefährlich vor. Das wurde uns zumindest von unserer Erdkunde Lehrerin in der 8. Klasse vermittelt, und bisschen was aus diesem Fach ist sogar bei mir hängen geblieben. Die (aktuelle) Realität sah komplett anders aus (als Touristin): ich war komplett hin und weg von der Stadt, ihrer Vielfalt, den kulturellen Angeboten und den unglaublich netten und hilfsbereiten Menschen dort. Smog gab es trotzdem und zur Rush Hour im Metrobus zu fahren grenzt an eine Nahtoderfahrung, aber ich fand alles in meiner touristischen Begeisterung extrem faszinierend. Im Vergleich mit anderen Städten der letzten Monate fühlte ich mich in Mexiko City auch sehr sicher, zumindest in den Vierteln, in denen ich mich bewegte.
Ich wohnte in einem schönen AirBnB in Navarte Poniente und verstand mich prima mit dem Pärchen, das mich hostete. Wir teilten uns Wohn- und Esszimmer und so kamen wir oft ins Gespräch über Gott und die Welt, mexikanische Politik (sehr spannend) und vegetarisches Essen. Letzteres war komplettes Neuland für die beiden, sodass ich eines Abends für alle kochte und wir den Ofen der Wohnung das erste mal einweihten.
Am ersten (vollen) Tag wollten Alejandro und ich uns in Coyoacán umsehen. Station 1 war das Frida Kahlo Museum (ausgebucht bis zu 2 Wochen im Voraus...), die bunten Märkte und schönen Straßen des Viertels und Diego Riveras Haus (wo auch Frida Kahlo wohnte). Der Vibe des Viertels war toll, es gab viel Streetfood und die Straßen waren voller blühender Jacaranda-Bäume, die in dieser Jahreszeit das Stadtbild prägen und Autofahrer in den Wahnsinn treiben. Wir schauten auch kurz bei seiner Schwester vorbei und aßen Kaktus! (schmeckt gekocht ähnlich wie Paprika)
Am nächsten Tag wollten wir uns das Zentrum der Stadt ansehen. Ich ging schon mal vor und besichtigte die archäologische Stätte des Templo Mayor, welche auch die Große Pyramide von Tenochtitlán genannt wird und der wichtigste und größte Tempel der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlán war. Die Spanier haben schließlich ihre Kathedrale teilweise auf diesem Tempel abgestellt, aber Karma und die Sumpflandschaft got them, sodass die Kirche nun ziemlich schief dasteht. Den Tempel hat man um 1978 bei Metrobauarbeiten gefunden und freigelegt. Beide Gebäude sind sehr beeindruckend und erzählen ein Stück Geschichte.
(so schief ist die Kathedrale)
Tag 3 war mein Highlight in Mexiko-Stadt: ich verbrachte mehr als 5 Stunden im Museo de Antropología, das wirklich eine riesengroße Empfehlung ist. Das Museum selbst sieht unglaublich beeindruckend aus und die Ausstellungen sind chronologisch und geographisch angeordnet, sodass man in verschiedene alte und aktuelle Kulturen Mexikos eintauchen kann. Die beeindruckenden Artefakte und stimmungsvolle Raumgestaltung versetzen jung und alt in eine andere Welt. Ich bin nur raus gegangen, weil das Museum schließlich geschlossen hat, und strich alle weiteren TOPs von meiner Liste, um das meiste aus dem Aufenthalt herauszuholen. Dieser Besuch zeigte mir auch wieder, dass mein wahres Herzensthema vielleicht nicht der Meta Webeanzeigenmanager ist.
Vollkommen beseelt von dieser Erfahrung beschloss ich, meinen letzten Tag in Mexiko einer weiteren archäologischen Stätte zu widmen: den Pyramiden von Teotihuacán. Von meiner lieben Freundin Aura, die ich in Baños kennen gelernt habe, hatte ich den Tipp bekommen, dass man eine Heißluftballonfahrt unternehmen konnte und so die Pyramiden bei Sonnenaufgang von oben sehen konnte. Ich war sehr angetan von dieser Idee, da ich schon seit langem mit einem Heißluftballon fliegen wollte. Nach einem kurzen Blick auf mein trauriges Konto war aber klar: no.
So buchte ich nur die einfache Besichtigung - zum Glück. Denn just an diesem Morgen ereignete sich ein furchtbares Unglück und einer der Luftballons fing Feuer und kostete einer Familie das Leben. Das Wissen um dieses Ereignis überschattete den ganzen Tag und ich war wirklich dankbar, dass ich nicht Zeuge dessen geworden war.
Die Pyramiden selbst waren sehr beeindruckend. Besonders beeindruckend war die Tatsache, dass niemand genau weiß, wer sie dort anfangs hingestellt hat. Irgendwann fand man die Sonnenpyramide, dann die Mondpyramide und legte sie frei bzw. baute Teile davon nach. Ein riesiger Teil der Gebäude befindet sich allerdings noch unter der Erde, wie man dank moderner Scantechnologie weiß. Um diese aber optimal zu erhalten, beschloss man, nur einen (trotzdem großen) Bruchteil der Stätte freizulegen.
Nach den Pyramiden schauten wir uns noch eine Basílica und eine extrem schiefe Kirche an (ein wiederkehrendes Motiv dank Tempelüberbauung und wässrigen Gefilden) und kehrten dann in die Stadt zurück, wo ich auf dem Markt ein paar kleine Souvenirs besorgte und eine Gordita probierte. Auf dem Weg zurück arbeitete ich mit meiner wirklich lustigen Reisegruppe an meiner Playlist "Tranquila Tequila" und wurde in die mexikanische und kolumbianische Musikszene eingeführt.
Abends ließen Alejandro und ich noch meine letzten Stunden in Mexiko gebührend ausklingen und gingen ins Guadalajare de Noche, einer beliebten Bar mit Live Musik, mucha rumba und an diesem Abend einer Performance zu Ehren Juan Gabriels, die 60% des Publikums in Tränen ausbrechen ließ. Besonders lustig fand ich die Mariachi, die mexikanische Version der Spotify Subscription: Mariachis sind eine klassisch aufgestellte mexikanische Bands, die (je nach Hut) aus verschiedenen Regionen Mexikos sind. Mann kann sie zu sich an den Tisch etc. winken und sich dann ein Lied wünschen, das die Mariachi dann voller fuego performen.
Schließlich musste ich am nächsten morgen sehr früh und mit 2 Stunden Schlaf zum Flughafen. So endete meine wundervolle Reise... nachdem ich einen Monat zuvor ein Tief und Lust auf Zuhause hatte, wollte ich in diesem Moment aus vielen Gründen absolut nicht gehen. ZUM GLÜCK habe ich Lotti, eine liebe Familie und so tolle Freunde wie dich, auf die ich mich freuen konnte, sonst wäre der Herzschmerz viel zu groß gewesen und ich nun Regenwaldeinwohnerin. So stieg ich mit weinendem und lachendem Auge sowie Armando, einem mexikanischen Opa, der dringend Hilfe auf dem Weg zu seinem Sohn nach Europa brauchte, in den Flieger und machte mich auf den Weg nach Hause.